Zurück zur Gliederung. Zurück zu Schriftliche Hausarbeiten.

1.3. Rohstoffe für die Wurstproduktion

Aus handwerksüblichen Rezepturangaben gehen die drei Hauptbestandteile hervor:

Gothaer Siedewürstchen 2.221.04, Material für 100 kg: 25,0kg R2b, 50,0kg S4b, 5,0 kg S8, 20,0 kg Eisschnee [9].

Im folgenden sollen nur Aspekte genannt werden, die bei der Wursterzeugung eine Rolle spielen.

1.3.1. Fleisch

1.3.1.1. Chemische Zusammensetzung

Reines Muskelgewebe enthält durchschnittlich

74% Wasser

22% Proteine

2% Fett sowie

0,8-2% Mineralstoffe (Asche).

Die in Muskelzellen enthaltenen Proteine sind je nach zu erfüllender Aufgabe sehr vielgestaltig. Einen Teil stellen die globulären Eiweißstoffe, z.B. das salz- und wasserlösliche Myoglobin im Sarkoplasma, dar.

Im Sarkoplasma der quergestreiften Muskulatur befinden sich daneben Strukturproteine (fibrilläre Proteine), die als Myofibrillen angeordnet sind. Diese sind wiederum aus verschiedenen Eiweißfilamenten zusammengesetzt, einmal aus den A-Filamenten (Myosin), die 38% des gesamten Muskeleiweißes einnehmen, und den I-Filamenten (Aktin und Tropomyosin), die 14% davon darstellen. Diese Strukturproteine ermöglichen die Muskelkontraktion. Daneben sind noch Bindegewebseiweißstoffe (wie Kollagen, Elastin, Retikulin) vorhanden, welche sich von jenen nur durch die Aminosäurezusammensetzung unterscheiden. Bindegewebseiweiß nimmt 1-3% (bis max. 10%) des Muskelfleisches ein. Der Gehalt an Bindegewebe im Fleisch nimmt Einfluß auf die Sensorik des Endproduktes (z.B. kerniger Biß). Die einzelnen Muskelfasern, die aus den Fibrillen aufgebaut sind, sind von einer netzartigen Bindegewebshülle umschlossen, in die Fetteinlagerungen erfolgen können. Dieses intramuskuläre Fettgewebe ist mit dem Auge meist nicht zu erkennen. So kann mageres Muskelfleisch bis zu 9% Fett aufweisen. In geringen Mengen befindet sich Fett auch in Form von Tröpfchen frei im Sarkoplasma sowie eingebaut in den Zellmembranen. Der Fettgehalt des Muskelfleisches bedingt die Marmorierung und somit die Saftigkeit des Fleisches.

Das fleischeigene Wasser liegt in freier und gebundener Form vor. 4-5% des Gesamtwassers sind unter Beteiligung von H-Brücken fest an Proteine gebunden. Daneben verursachen Hydratationseffekte immobilisiertes Wasser, und zwar fibrillen- und filamentgebundenes Wasser. Demgegenüber steht das "freie Wasser" des sarkoplasmatischen und extrazellulären Raumes, welches als Lösungs- und Reaktionsmittel für biochemische Prozesse dient. Dieses wird in den engen Räumen durch auftretende Kapillarkräfte festgehalten. Im intakten Muskel wird, aufgrund des micellaren Aufbaus, das gesamte Wasser beinahe unbeweglich gehalten. Dies wird durch den im Fleisch vorliegenden pH-Wert und die Salzkonzentration entscheidend beeinflußt. Der Gesamtwassergehalt des Fleisches ist je nach Tierart, Tierkörperteil und Alter unterschiedlich.

Neben dem genannten sind noch Mineralstoffe (z.B. PO43-), Spuren"elemente" (z.B. Cu2+), Vitamine (z.B. Vitamin A), Enzyme (z.B. Phosphorylase), hochmolekulare Stoffe (z.B. ATP), stickstoffhaltige Nichteiweiße (z.B. Kreatin) sowie stickstofffreie Inhaltsstoffe (z.B. Glykogen) enthalten.

1.3.1.2. Wichtige Eigenschaften

Für jede Produktgruppe sind unterschiedliche Rohstoffeigenschaften wichtige Voraussetzungen. Besonders für die Brühwurstherstellung stehen das WBV sowie die Fettbindung, d.h. Aufnahme und Einbau von Fettgewebe oder Fett in ein netzartiges Gerüst aus Muskeleiweiß und Wasser, im Mittelpunkt. Auf beide haben sowohl strukturelle als auch biochemische Vorgänge, verursacht durch äußere Einflüsse oder durch Muskelvorgänge selbst, erheblichen Einfluß.

Im lebenden Organismus sowie kurz nach der Schlachtung trennt körpereigenes ATP den Eiweißkomplex Actomyosin in die relativ kurzen Bestandteile Myosin und Actin. Dies entspricht dem Zustand des erschlafften Muskels. Hier sind die Strukturproteine nur locker verbunden und in den bestehenden relativ großen Zwischenräumen kann viel Wasser in wenig beweglicher Form festgehalten werden. Auch nach der Schlachtung wird durch anaerobe Vorgänge der Glykolyse die ATP-Konzentration von 5µmol/g Gewebe aufrecht erhalten. Solches Fleisch bezeichnet man als Warmfleisch (der Begriff hat also nichts mit der Körpertemperatur zu tun). Nach Erschöpfung des Glykogenvorrates post mortem sinkt der ATP-Gehalt immer weiter ab, es entstehen vermehrt Actomyosinkomplexe, in deren Zwischenräume weniger Wassermoleküle Platz finden. Sinkt die ATP-Konzentration unter 1-1,5µmol/g Gewebe, dann spricht man von Kaltfleisch. Dieser Zustand wird bei Schweinefleisch nach 1h, bei Rindfleisch nach 4h post mortem erreicht. Eine vollständige starre Vernetzung der Strukturproteine verursacht dann die Totenstarre (rigor mortis, c(ATP) ca. 0µmol/g).

Zu den wichtigen biochemischen Größen gehört der pH-Wert des Fleisches, welcher neben dem Genußwert (Zartheit, Aroma) auch die Verarbeitungseigenschaften beeinflußt. Im lebenden Muskel liegt der pH-Wert etwas oberhalb des Neutralpunktes (pH~7,2). Nach der Schlachtung laufen enzymverursachte biochemische Prozesse weiter. Aufgrund der anaeroben Umgebung setzt, z.B. zur ATP-Synthese die Glykolyse ein, deren Endprodukt die Milchsäure ist, was eine pH-Wert-Senkung zur Folge hat. Die Glykolyse verläuft normalerweise langsam, so daß der pH-Wert innerhalb von 24h gleichmäßig auf Endwerte von pH=5,5-5,8 (Schwein) und pH=5,3-5,6 (Rind) absinkt. Nach dem Stillstand der Glykolyse nimmt in den folgenden Tagen der Säuregehalt wieder ab, da Enzyme die vorhandene Milchsäure abbauen (Prozesse der Fleischreifung; Abhängen von Fleisch). Bei sinkendem pH-Wert kommt es aus elektrostatischen Gründen (Anziehung geladener Gruppen von Proteinen) zu einer Annäherung der Filamente und somit zu einer Abstoßung des gebundenen Wassers, d.h., das WBV sinkt erheblich. Für das Schnittfestwerden einer Rohwurst ist dieser Vorgang allerdings Voraussetzung.

Es können nun zwei Abweichungen des pH-Wert-Abfalls post mortem auftreten. Erfolgt eine rasche und starke pH-Wert-Senkung, bei der das Fleisch noch Körpertemperatur besitzt, so hat dies Proteinveränderungen zur Folge, das Fleisch weist PSE-Eigenschaften auf. Solches Fleisch hat sehr schlechtes WBV. Im Gegensatz dazu erfolgt die Glykolyse beim DFD-Fleisch verzögert, abgekürzt oder sie bleibt fast vollständig aus. Nach 24h liegt der pH über 6,2. Die Folgen sind hohes WBV aber geringe Haltbarkeit. Beide Abweichungen können genetische Ursachen haben oder streßbedingt sein.

Aber auch die spätere Farbe des Endproduktes wird durch die Rohstoffauswahl beeinflußt. Der Muskelfarbstoffgehalt schwankt erheblich und ist abhängig von Fütterung, Tierhaltung, Alter, Tierart, Muskelpartie und Geschlecht des Tieres.[10] [11] [12]

1.3.2. Fett

Fett ist hauptsächlich innerhalb von Bindegewebe abgelagert (= Fettgewebe), entweder in bestimmten Organsystemen (z.B. Muskel, Leber) oder in speziellen Fettdepots unter der Haut (Bauch- und Rückenspeck). Beim Zerteilen des Schlachttierkörpers wird das subcutane Fettgewebe (Auflagefettgewebe) und das zwischen den Muskelpartien abgelagerte (intermuskuläre) Fettgewebe abgetrennt und steht so für die entsprechende Verwendung zur Verfügung. Der Verwendungszweck ergibt sich aus der chemischen Zusammensetzung, die je nach Tierart, Alter, Fütterung und Körperteil recht verschieden ist.

Im wesentlichen nehmen die in den Glyceriden enthaltenen gesättigten und ungesättigten Fettsäuren Einfluß auf die Beschaffenheit (weich, kernig, zäh). Ölsäure und Palmitinsäure sind die häufigsten Fettsäuren im Fettgewebe. Daneben findet man Wasser (10-40%) mit gelösten Mineralstoffen (0,1-0,6%), Eiweiß (3-11%) sowie alle fettlöslichen Vitamine und Fettbegleitstoffe.

Je nach Wurstprodukt werden weitere Rohstoffe in geringen Mengen wie Wasser, innere Organe (Leber, Blut, Milz) sowie verschiedene andere Zutaten (Gewürze, Zusatzstoffe) eingesetzt und sortenbezogen verarbeitet.[10] [11] [12]

Weiter.

Zurück zur Hompage Didaktik der Chemie . Zurück zur Hompage Universität Bayreuth .

Mail an: Walter.Wagner ät uni-bayreuth.de