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Als Thema aus dem Lebensmittelbereich erfordert es fächerübergreifende Betrachtung, um möglichst viele Aspekte erörtern zu können. Deshalb sollen nun Anregungen gegeben werden, an welchen Stellen des Lehrplanes ein Bezug zur Wurst unter ausreichender und notwendiger Vereinfachung der Sachverhalte hergestellt werden könnte. Auf die hier erwähnten Schülerübungen wird im anschließenden Kapitel ausführlicher eingegangen.
3.1.1. Bezug zum Chemielehrplan der Realschule
Jahrgangsstufe 9: Ch. 9.2. Atombau, Periodensystem und chemische Bindung
Der Lehrer kann innerhalb der Unterrichtseinheit "Ordnung der Elemente im PSE" die Frage nach der Bedeutung der im Imbißstand der Pausenhalle befindlichen Kennzeichnung "mit Phosphat" aufwerfen. Dazu kann der qualitative Nachweis kondensierter Phosphate als Schülerversuch durchgeführt werden. Auch die Mengen der Phosphate können mittels einem vom Lehrer angefertigtem Eich-DC abgeschätzt werden. Die Schüler sollen erkennen, daß Monophosphat als Mineralstoff wichtige Funktionen erfüllt und wissen, was das zugesetzte Phosphat für eine Verbindung ist, welche Mengen eingesetzt werden und welche Wirkungen dieses hat. Die weitere Verwendung in anderen Lebensmitteln, z.B. als Schmelzsalz, kann auch angesprochen werden. Einige Eigenschaften von Salzen (Ionenbindung) können bei Betrachtung der Kuttersalze und der Pökelsalze erläutert werden. So werden Kuttersalze eingesetzt, um die Ionenstärke und so die Wasserbindung zu erhöhen, da diese im Gegensatz zu Kochsalz eben nicht sensorisch als salzig erfaßt werden. Auch auf die konservierende Wirkung von Salzen kann eingegangen werden. Gerade in früheren Zeiten wurden Fleischprodukte wegen der mikrobiellen Stabilität gepökelt. Zur Mengenerfassung kann der NO2--Gehalt im NPS mittels Teststäbchen bestimmt werden.
Jahrgangsstufe 9: Ch 9.4. Chemie in Natur, Technik und Alltag
In der Einheit "Mineraldünger" kann der Stickstoffkreislauf in der Natur besprochen werden. Dabei wird dem Schüler bewußt, daß sich Stickoxide leicht ineinander überführen lassen. Weiterhin erkennt man dabei Nitrit als unvermeidbare Zwischenstufe im Stoffwechsel der Pflanzen und Mikroorganismen. Hier kann auf das Nitrit/Nitrat/Nitrosamin-Problem kurz eingegangen werden. Im Lehrplan wird die Erkundung einer Überwachungseinrichtung vorgeschlagen. Durch einen Besuch bei einem Ordnungsamt der jeweiligen Stadt oder sogar der BAFF in Kulmbach gewinnen die Schüler Einblicke in das Lebensmittelrecht und die Lebensmittelüberwachung. Begriffe wie "ADI-Wert" oder "Zusatzstoff" werden dazu definiert. Auch weitere offene Fragen der Schüler können dabei geklärt werden.
Jahrgangsstufe 10: Ch 10.2. Vielseitig verwendbare Rohstoffe und Produkte: sauerstoffhaltige Verbindungen
Um einen Alltagsbezug zu dem für Schüler recht abstrakten Begriff der Carbonsäuren zu knüpfen, können anhand der Zutatenlisten von verpackter Wurstware weitere E-Nummern entschlüsselt und erklärt werden, z.B. Milchsäure (E270), Citronensäure (E330) oder Gluconsäure (E574), die als Pökelhilfsstoffe eingesetzt werden. Wichtig ist jeweils die Information über zugesetzte Mengen und die Diskussion über Folgen einer Aufnahme für die Gesundheit. Analoges gilt für den Lerninhalt "Ester". Einige sind als Emulgatoren für Fleischerzeugnisse zugelassen. Gleichzeitig kann die Bedeutung der Phosphorsäureester im lebenden Organismus angesprochen werden. Der Schüler soll die lebenswichtigen Funktionen der Verbindungen des Phosphors kennenlernen.
Jahrgangsstufe 10: Ch 10.3. Nachwachsende Rohstoffe: Chemie der Biomoleküle
Anhand der Frage nach der Zusammensetzung z.B. des vom Imbißstand allen bekannten Wiener Würstchens können einige Strukturen und Bauprinzipien von Biomolekülen (Fette, Proteine) vereinfacht dargestellt werden. Das in den Leitsätzen für Fleisch und Fleischerzeugnisse angewandte Beurteilungskriterium (BEFFE-Wert) kann hinzukommen. Stets muß der Lehrer auf genaue Begriffsdefinitionen achten.
Proteine sind aus Aminosäuren aufgebaut. Deren unterschiedliche Anordnung bedingt hauptsächlich den Bau und die Funktion des Eiweißstoffes. Dieses Phänomen kann dem Schüler mit Hilfe einiger Inhaltsstoffe der Wurst verdeutlicht werden. So wird z.B. Glutaminsäure bzw. ihr Salz als Geschmacksverstärker direkt verwendet. Die Eigenschaft der Proteine zu denaturieren wird klar, indem eine rohe Bratwurst, eine pastöse Masse, gebraten wird. Die Hitzedenaturierung der fibrillären Strukturproteine trägt zum Schnittfestwerden dieser Wurst bei. Der globuläre Muskelfarbstoff hingegen besitzt die Fähigkeit, vor allem Gase zu binden. Durch die hohe Affinität von Stickstoffmonoxid zu Myoglobin (oder Hämoglobin), wodurch Sauerstoff verdrängt wird, entsteht der Pökelfarbstoff. Dazu kann die Extraktionsmethode nach HORNSEY als Schülerversuch eingesetzt werden. Der Begriff der Umrötung wird dazu definiert. Ein vereinfachtes Schema dieses Prozesses kann unter Einbezug der L-Ascorbinsäure aufgestellt werden. Der Schüler soll erkennen, daß diese nicht nur die bekannte Wirkung des Vitamin C besitzt, sondern auch zur Qualitätsverbesserung als Zusatzstoff eingesetzt und dafür auch synthetisch hergestellt wird. Somit können auch andere Verbindungen wie 6-Palmitoyl-L-Ascorbinsäure (E304), die als Antioxidantien z.B. für Fette eingesetzt werden, erklärt und erfaßt werden.
3.1.2.Fächerübergreifende Aspekte
3.1.2.1. Bezug zum Biologielehrplan der Realschule
B 8.1.Mikroorganismen und ihre Bedeutung
Die Schüler sollen anhand der Rohwurstreifung erkennen, wie man sich Bakterien, denen im Alltag ein negatives Vorurteil anhaftet, für die Herstellung von Lebensmitteln zu Nutze machen kann. Auch kann die Bedeutung des Pökelprozesses (Kochsalz und Nitrit tragen zur Wachstumshemmung von gesundheitsgefährdenden Mikroorganismen bei), aus der Sicht des konservierenden Effektes klargestellt werden. Der Verursacher von Wurstvergiftungen (Clostridium botulinum) kann näher betrachtet werden. Auf die Notwendigkeit von Hygiene und von richtigen Aufbewahrungsbedingungen bei Lebensmitteln wird somit hingewiesen.
B 8.2. Schutz und Abwehrsystem beim Menschen
Im Themenbereich "Blut" kann der Lehrer die Herstellung der Blutwurst ansprechen sowie die Funktionen von Hämoglobin und Myoglobin im lebenden Organismus.
3.1.2.2. Bezug zum Haushalts- und Wirtschaftskundelehrplan der Realschule
Als Diskussionsgrundlage dient im weiteren Verlauf der alte, dreispaltige, curriculare Lehrplan, da der neue, einspaltige noch nicht zur Verfügung stand.
Jahrgangsstufe 7: Der sinnvolle Einkauf / Verbraucherschutz; Lernziele
8.2. "Bereitschaft, durch Markterkundung Mengen, Qualität und Preise zu vergleichen"
9.1. "Einblick in das Lebensmittelrecht"
9.2. "Bereitschaft, das Marktangebot im Hinblick auf die gesetzlichen Bestimmungen zu überprüfen"
Der Lehrer hat hier die Möglichkeit, am Beispiel der Wurst Begriffe wie Kennzeichnungsverordnung, Höchstmengenverordnung oder Zusatzstoffe zu definieren und zu erörtern. Die Zutatenlisten können besprochen, die E-Nummern entschlüsselt werden. Der Schüler soll lernen, die Aussagen der Medien zu beurteilen und zu kritisieren.
In der Einheit "Nährstoffe" können die Inhaltsstoffe einer Wurst jeweils exemplarisch aufgeführt werden, bevor in der Einheit "richtige Ernährung" die Zusammensetzung aus ernährungsphysiologischer Sicht besprochen wird. Die Wurst kann mit anderen Lebensmitteln im Vergleich betrachtet werden (Lernziel 25. "Fähigkeit, eine Joulberechnung für eine kleine Mahlzeit durchzuführen").
Jahrgangsstufe 8: Lebensmittel der Nährstoffgruppe Eiweiß; Lernziele
9 "Fähigkeit, die eiweißreichen Lebensmittel Fleisch und Fleischerzeugnisse auf ihre Inhaltstoffe hin zu beurteilen"
10 "Fähigkeit, Fleisch sachgerecht zuzubereiten".
Hier soll das Wissen der 7. Jahrgangsstufe erweitert werden. Der Lehrer kann auf die Eßgewohnheiten der Schüler eingehen und erkunden, welchen Anteil Wurstwaren an der Gesamtkost einnehmen. Die Schüler können selbst eine Wurst herstellen und diese z.B. mit einem gekauftem Produkt vergleichen.
Jahrgangsstufe 10: Landschaftsgebundene Ernährung; Lernziel
15 "Kenntnis von landschaftstypischen Gerichten und ihren oft kulturellen und religiösen Wurzeln".
Auf die verschiedenen regionalen Spezialitäten wie z.B. Hofer Rindfleischwurst, Münchner Weißwurst oder Pfälzer Saumagen sowie auf die landesabhängige Beliebtheit bestimmter Produktgruppen kann hier eingegangen werden.
Jahrgangsstufe 10: Hygiene der Lebensmittelverarbeitung im Familienhaushalt; Lernziel
19.1. "Überblick über Ursachen und Folgen mikrobiell bedingter Lebensmittelvergiftungen und -infektionen"
Als Fallbeispiel kann eine Vergiftung herangezogen werden, die auf den Erreger Clostridium botulinum zurückgeht.
3.1.2.3. Bezug zum Wirtschafts- und Rechtslehrelehrplan
Jahrgangsstufe 9: Lernziel 3.2.1. "Einblick in Berufsstruktur und Berufsbilder".
"Der Beruf" ist eine Unterrichtseinheit in Wirtschafts- und Rechtslehre. Der Lehrer kann die Schüler über Berufsmöglichkeiten im Bereich der Lebensmittelchemie und der Lebensmittelüberwachung informieren.
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