Contergan


Pharmazeutisches Präparat mit dem Wirkstoff Thalidomid, freie, internationale Kurzbezeichnung für (RS)-N-(2,6-Dioxo-3-piperidyl)phthalimid:

Contergan® war als wirksames Schlafmittel und Sedativum sehr beliebt und in Deutschland rezeptfrei zu haben, bis bekannt wurde, dass es nach Einnahme während der Schwangerschaft zu Missbildungen an Gliedmaßen u. Wirbelsäure der Embryos gekommen war. Zwischen 1958 und 1962 wurden in der BRD ca. 4000 mit Missbildungen der Extremitäten geboren. 1979 waren nur noch 2600 am Leben! [2] Allerdings hatten Tierversuche keine Hinweise auf schädliche Nebenwirkungen gegeben – heute weiß man, dass Ratten als nahezu einzige (!) Versuchstierspezies nicht auf die Teratogen-Eigenschaft des Wirkstoffes Thalidomid ansprechen. Bei Untersuchungen zur Wirkungsweise von Thalidomid fand man nach Racemattrennung, dass die beiden Enantiomeren zwar gleiche sedative Wirkung aufwiesen, dass aber nur das (S)-(–)-Isomer bei Mäusen teratogen wirkte.

Heute wird Thalidomid wieder als Medikament bei der Behandlung von Leprareaktionen (nicht der Lepra selbst) eingesetzt und ist mangels Alternativen sehr nützlich (aufgrund seiner antiphlogistischen Wirkung auch gegen chronische Entzündungen der Haut und der Schleimhäute). Selbstverständlich müssen Frauen im gebärfähigen Alter während der Thalidomid-Therapie gleichzeitig Antikonzeptionsmittel einnehmen und bei längerer Behandlungsdauer ist auch die Neurotoxizität von Thalidomid als schon lange bekannte Arzneimittelnebenwirkung zu beachten. [1, 2]

Leider hat sich die Gabe von reinen Enantiomeren nicht als problemlos erwiesen, da das wirkungsvolle (R)-(+)-Isomer unter physiologischen Bedingungen (Basenkatalyse) racemisiert, d.h. es kommt zur Inversion am optisch aktiven Zentrum und innerhalb von wenigen Stunden bis Tagen sind meßbare Mengen des anderen Isomers entstanden.

Im Jahr 2000 wurden nur etwa 40% (Anzahl) der synthetisch hergestellten chiralen Wirkstoffe enantiomerenrein verkauft. [3]

Quellen:

  1. http://de.wikipedia.org/wiki/Contergan-Skandal, 21.06.08.
  2. RÖMPP Chemielexikon, Thieme, Stuttgart 1990.
  3. Thomas, C.; Ward, T.: Artificial metalloenzymes: proteins as hosts for enantioselective catalysis. Chem. Soc. Rev. 2005, 34, 337-46.

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