Hintergrund zu:

Silberbäumchen

Was sind Fraktale?

lat. fractus: gebrochen, von frangere: brechen, in Stücke zerbrechen

Ein Fraktal ist ein von Benoit Mandelbrot (1975) geprägter Begriff, der natürliche oder künstliche Gebilde oder geometrische Muster bezeichnet, die einen hohen Grad von Selbstähnlichkeit aufweisen. Das ist beispielsweise der Fall, wenn ein Objekt aus mehreren verkleinerten Kopien seiner selbst besteht (siehe Abb.1 + 2).

Abb.1: berechnete Strukturen des Apfelmännchen (oben: normal; unten: Vergrößerung der Randlinien) [4] Abb. 2: berechnete Struktur: Nachbildung eines Farns [5]

Am Beispiel des "Apfelmännchens" soll gezeigt werden, dass kleinere Versionen des Fraktals in ihm selbst enthalten sind, die wiederum noch kleinere Abbilder beinhalten usw. Durch ihren Formenreichtum und den damit verbundenen ästhetischen Reiz spielen sie in der digitalen Kunst eine gewisse Rolle. Ferner werden sie bei der computergestützten Simulation formenreicher Strukturen wie beispielsweise realitätsnaher Landschaften eingesetzt.
Fraktale Konzepte finden sich auch in der Natur (siehe Abb.2). Dabei ist jedoch die Anzahl der Stufen von selbstähnlichen Strukturen auf 3-5 begrenzt. Typische Beispiele aus der Biologie sind die fraktalen Strukturen bei der grünen Blumenkohlzüchtung Romanesco und bei den Farnen.


Abb. 3: natürliches Vorkommen von Fraktalen: Romanesco [3]

Weit verbreitet sind fraktale Strukturen ohne strenge Selbstähnlichkeit. Dazu zählen beispielsweise Bäume, der Blutkreislauf, Flusssysteme und Küstenlinien. Ebenso findet man fraktale Strukturen auch im Kristallwachstum und bei der Entstehung von Mischungen (z.B.  wenn man einen Tropfen Farblösung in ein Glas Wasser gibt. [1]

Zum Versuch

Elektrochemische Entstehung von elementaren Silber

   

Bei der Elektrolyse einer Metallsalz-Lösung werden durch den angelegten elektrischen Stromfluss Metall-Ionen reduziert und als elementares Metall an der Kathode abgeschieden.

Dabei wird die Abscheidung der Silberatome durch die NERNST-Gleichung beschrieben. Sie gibt die Abhängigkeit des Gleichgewichtspotentials Er für die Grenzfläche Metall/Elektrolyt von der Konzentration der Metall-Ionen in der Lösung an.

Die Reduktion des Metall-Ions erfolgt beim ersten Kontakt mit dem Minuspol einer Stromquelle (Kathode), welche die erforderlichen Elektronen liefert. Diese Reduktion kann als annähernd irreversibel betrachtet werden.

Entstehung der fraktalen Struktur

Aufgrund der elektrischen Leitfähigkeit von Metallen stellt ein abgeschiedenes Metall-Atom eine elektronenleitende Verbindung zwischen der Elektrode und der Ionenlösung dar, an der weitere Ionen entladen werden können. Jedes angelagerte Atom wird anschließend selbst zum erweiterten Wachstumskeim. Der thermodynamische Aspekt, also eine negative freie Enthalpie, stellt für das fraktale Wachstum von Metallbäumen die Triebkraft dar und die elektronenleitende Eigenschaft jeder neu aufgewachsenen Atomlage gewährleistet die Entstehung der Strukturen.Spannung, Stromdichte, Konzentration, Gefäßgeometrie, Diffusion, Migration sowie die Änderung der Oberflächenspannung und die Konvektion durch Dichtegradienten beeinflussen die Morphologie der fraktalen Strukturen.[2]

Die Vielzahl der beeinflussenden Parameter führt zu einer großen Unvorhersagbarkeit der Bildung des Bäumchens (Wachstumsgeschwindigkeit, Form, Wachstum von ein oder mehreren Hauptästen, Wachstum auf der Flüssigkeitsoberfläche oder auf dem Petrischalenboden).

Wieso lagern sich die Metall-Ionen nicht auch in den Mulden zwischen den fraktalen Ästen ab?

Die Ursache hierfür liegt in einem Effekt, der bei der Elektrolyse besonders zur Geltung kommt:  

Zu Beginn der Metallabscheidung hat die Kathode einen annähernd eindimensionalen Charakter (auch die Verzweigungen von bereits bestehenden Metallbäumen sind quasi eindimensional). In der Chemie bedeutet dies, dass ein einzelnes Atom an der Spitze des Leiters hängt.

Abb. 4: Schematische Darstellung des elektrischen
Feldes um einen eindimensionalen Leiter [2]

In einem elektrischen Leiter verteilen sich die Ladungen so dass:

"an der Oberfläche des Leiters überall dasselbe Potential vorhanden ist. Aufgrund dieser Randbedingungen für das elektrische Potential ist die Ladungsdichte dort am größten, wo der Krümmungsradius des Leiters, in diesem Fall also der Elektrode, am kleinsten ist. Damit ist auch das an der Oberfläche außerhalb des Leiters vorhandene elektrische Feld an diesen Orten größer als an jenen, wo die Krümmung kleiner (d.h. wo der Krümmungsradius größer) ist. [2]"

Infolgedessen werden die positiv geladenen Metall-Ionen von der Spitze der Elektrode bzw. den Spitzen bestehender Verzweigungen stärker angezogen, die Anlagerungshäufigkeit ist hier am größten. Dadurch gibt es eine Selbstverstärkung bei bestehenden Unebenheiten. Das Verzweigen der Wachstumsspitze ist darauf zurückzuführen, dass Anlagerungen nicht an der äußersten Spitze, sondern (zufällig durch weiterhin vorhandene Diffusionsbewegung) etwas versetzt erfolgen. Die Spitze wird dadurch uneben und die Selbstverstärkung setzt ein. [2]

Literatur:

  1. http://de.wikipedia.org/wiki/Fraktal, 20.12.05
  2. Kunz, H., Dissertation: http://docserver.bis.uni-oldenburg.de/publikationen/dissertation/2001/kunpri01/pdf/kap063.pdf,  20.12.05
  3. http://www.semkreuz.de/Mathematik/MatheDownload/Fraktale_Kohl.jpg, 22.02.06
  4. http://www.errare.de/fraktale/ueber.html,  22.02.06
  5. http://img.blogcu.com/uploads/Leyla_farn3.gif, 22.02.06

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Didaktik der Chemie
Universität Bayreuth

© Walter.Wagner ät uni-bayreuth.de, Stand: 20.09.10