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1.6. Der optische Farbeindruck - ein wichtiges Verkaufskriterium

Die Hersteller sind daran interessiert, einen den Verbrauchererwartungen entsprechenden Farbeindruck zu erreichen. Wie und ob dieser Farbeindruck mit dem Gehalt an Pökelfarbstoff bzw. anderer Myoglobinformen zusammenhängt, kann mit Hilfe der eingesetzten Bestimmungsmethoden geklärt werden.

1.6.1. Bestimmung des Gehaltes an Pökelfarbstoff und Gesamtfarbstoff

Das Verfahren wurde von H.C. Hornsey[21] (J. Sainsbury Ltd., Research Laboratory, Blackfrairs) 1956 entwickelt und durch A. Mirna und G. Schütz[22] vom Institut für Chemie und Physik der BAFF 1972 modifiziert.

Um das Ausmaß der Umrötung zu bestimmen, muß man in zwei Schritten vorgehen:

1. Zunächst wird der Gehalt an Pökelfarbstoff bestimmt. Dazu muß ein Lösungsmittel eingesetzt werden, welches diesen selektiv und vollständig aus dem Wurstgut extrahiert.

2. Nun werden alle anderen farbgebenden Stoffe erfaßt: das Lösungsmedium muß so modifiziert werden, daß alle Chromoproteide gelöst werden, so daß die Werte dann verglichen werden können. Dies ist möglich, da die Bindung des Proteinanteiles zum NO-Häm sich von der zu den anderen Hämderivaten unterscheidet.

Aceton dient sowohl als Fällungsreagens für Protein und höhermolekulare Kohlenhydrate als auch als Medium für die selektive Lösung von NOMb. Die maximale Löslichkeit ist nach HORNSEY bei einem Wassergehalt von w=15-20% gegeben. Dabei wird die Proteinkomponente abgetrennt. Es handelt sich um einen Aceton-Komplex von NO-Häm. Dieser ist nach GANTNER[23] jedoch sehr lichtempfindlich. Um ein Arbeiten im Dunkeln zu umgehen, wird Salzsäure zugegeben, wodurch das zentrale Hämeisen in die Met-Form überführt wird. In der Lösung liegt also Hämin vor, NO wird abgespalten. Als absorbierende Substanz kann die Extinktion des Hämin enthaltenden rotbraunen Filtrates bei 530nm gemessen werden.

Wenn nun die Probe mit salzsaurem Aceton homogenisiert wird, so wird das Hämeisen aller vorhandener Myoglobinformen zu Fe3+ oxidiert, der gesamte Gehalt an Chromoproteiden geht als Hämin in Lösung. Die Proteinanteile sowie andere an das Eisenkation gebundene Verbindungen werden abgetrennt. Nach Filtration kann die rotbraune Lösung im Photometer bei530 nm gemessen werden.

Da bei beiden Methoden jeweils Hämin vorliegt, entsprechen die gemessenen Extinktionen direkt dem Verhältnis der Umrötung, d.h., bei 100%iger Umrötung ist das Verhältnis der Zahlenwerte 1:1. Außerdem kann aus den Extinktionen jeweils die Menge an NOMb und die an Gesamtfarbstoff als Mb berechnet werden [22] [24]. Die Ergebnisse werden aufgrund der von A. Mirna und G. Schütz angegebenen Faktoren ohne Dezimalen angegeben.

Proben Nr              1       2        3       4        5        6       7      
NOMb [mg/kg]         105     1451     675     507      1451     681     296      
Mb [mg/kg]           999     2716     1324    1190     2709     2519    1962     
Umrötung [%]         11      59       56      47       59       30      12       

 

Tab. 2: Ergebnisse zur Bestimmungsmethode nach HORNSEY

1.6.2. Diskussion

Bei Betrachtung der Ergebnisse erstaunt wohl P6 (30% Umrötung), da bekannt ist, daß NaNO2 eingesetzt wurde, andererseits man erst bei Werten ab 30-40% Umrötung dies als Hinweis auf eine Verwendung von Pökelsalzen deuten kann. Nähere Erkundigungen[25] ergaben, daß dieses Verfahren für unerhitzte Produkte nicht anwendbar ist, aber auch kein anderes bisher veröffentlicht wurde. Deshalb wird in der folgenden Darlegung diese Probe ausgeklammert.

1.6.2.1. Umgerötete Produkte

Aus der Beobachtung, daß nur etwas mehr als die Hälfte aller vorhandenen Mb-Moleküle (z.B. P2: 1451mg NOMb und 2716 mg Mb) tatsächlich in das gewünschte NOMb übergegangen sind, läßt sich feststellen, daß der zustandekommende Farbeindruck eine Mischung aus den verschiedenen Formen des Mb sein muß. Mit dieser Methode kann jedoch nicht genauer differenziert werden, da bei der Bestimmung des Gesamtfarbstoffgehaltes alle Chromoproteide in Hämin überführt werden. Sicherlich sind auch hellrotes MbCO, dunkelrotes Mb, hellrotes MbO2 und braunes MetMb an der Farbgebung beteiligt. Also ist eine 100%ige Umrötung gar nicht nötig bzw. auch, trotz optimaler Technologie, nicht möglich, um den gewünschten Farbeindruck zu erreichen. Da auch in Modellversuchen keine 100%ige Umrötung erreicht wurde, ist ersichtlich, wie komplex und weitläufig die Reaktionsmechanismen sind, die zur gewünschten Pökelfarbe führen.

Da sich Myoglobin nicht im Fettgewebe befindet, könnte man tendentiell aus den Ergebnissen des Gesamtpigmentgehaltes Rückschlüsse auf den verwendeten Magerfleischanteil bzw. Organanteil machen. Der hohe Wert der P5, welche bekanntermaßen eine sehr fettreiche Rezeptur besitzt, kann mit dem Leberanteil erklärt werden: Leber ist ein stark durchblutetes Organ. Diese These muß aber sehr vorsichtig gehandhabt werden, da der Myoglobingehalt nicht unbedingt linear mit der verwendeten Magerfleischmenge zunimmt, denn er schwankt stark in Abhängigkeit von Alter, Fütterung, Körperteil, Geschlecht und Tierart der eingesetzten Fleischteile.

Der Mb-Gehalt von Kalb- zu Schwein- zu Rindfleisch verhält sich etwa wie 2:4:7 (jeweils pro 100g Fleisch):

bulletRind 300-400mg
bulletSchwein 100-200mg
bulletKalb 50-100mg

Deshalb richtet sich die Tierartauswahl auch nach der gewünschten Farbe. Bei den Aufschnittsorten erreicht man durch reines Schweinefleisch die helle rosa Farbe des Grundbrätes, durch die der Kontrast zu den Einlagen (z.B. Bierschinken, Tiroler) möglich wird. Die etwas dunklere rosa Farbe des Wiener Würstchens kann durch einen Anteil an Rindfleisch erzielt werden. Die Menge an diesem beschränkt sich aber dadurch auch, denn ein Wiener Würstchen mit der dunklen Farbgebung einer Rindfleischwurst wäre für den Verbraucher undenkbar.

Der NOMb-Gehalt hängt auch nicht eindeutig mit dem optisch erfaßbaren Farbeindruck zusammen, vielmehr nimmt darauf die Technologie zusätzlich in erheblichem Ausmaß Einfluß. So wird die Produktfarbe durch feinzerkleinertes und im Brät verteiltes Fett stark aufgehellt, wie bei P3 und P4 geschehen. Bei P2 entfällt der Aufhellungseffekt, da der Großteil des verwendeten Speckmaterials grob gekörnt unter die Grundmasse gemengt wird. Auch wird deutlich, daß zwischen prozentualer Umrötung und optischem Farbeindruck keine lineare Beziehung (z.B. P3: 56 %, P4: 47 %) besteht, außer bei identischer Rezeptur.

1.6.2.2. Nicht umgerötete Produkte

Der Gehalt an NOMb bei P1 und P7 (keine NPS-Zugabe) ist rezepturbedingt. Sowohl über die Schüttung als auch über Gewürze gelangt NO3-, in das Brät, wodurch es zur Pökelfarbstoffbildung kommt. Dennoch zeigen sich keine roten Farbtöne im Produkt! Der deutliche Farbunterschied zwischen der weißgrauen P1 (Abb. 5a) und der dunkelbraun-grauen P7 (Abb. 5b) könnte mehrere Ursachen haben.

Abb. 5a-b (GIF 26k): Gelbwurst P1 und Fleischwurst P7

Eine nicht umgerötete Brühwurst wie P1 entspricht den Erwartungen, wenn sie einen weißgrauen Farbton aufweist, welcher hauptsächlich durch das graubraune MetMb bedingt wird. Unerwünschte Farbtöne entstehen durch Mb und MbO2. Es ist daher ein gutbindiges Brät von Vorteil, in dem beim Kutterprozeß untergeschlagene Luft erhitzungsstabil festgehalten wird, so daß der Sauerstoff möglichst viel Mb in die Met-Form oxidieren kann. Gleichzeitig eignen sich Mb-arme Fleischteile, also Kalbfleisch. Diese Tendenz wird auch in der untersuchten P1 (999mg Mb pro kg) deutlich. Ebenfalls vorteilhaft ist eine Verarbeitung von bindegewebsreichem Fleisch, da dieses, wie auch feinverteiltes Fett, eine Farbaufhellung zum weißgrauen hin bewirkt. Dies erklärt die relativ fettreiche Rezeptur von P1. Ein Rindfleischanteil schränkt sich durch die gewünschte weißgraue Farbe auch ein.

Nach Aussage einer Fachkraft[26] werden z.B. im Demeter-System nur Tiere verkauft bzw. gehalten, welche u.a. viel freien Auslauf haben und nur mit Getreide und Grünfutter ernährt werden (artgerechte Tierhaltung). Da der Mb-Gehalt im Fleisch durch Fütterung und Bewegung (je mehr, desto mehr Mb) beeinflußt wird, "stimmt" dies mit den Versuchsergebnissen überein: Während P3 1324mg Mb und P4 1190mg Mb pro kg aufweisen, liegt der Mb-Gehalt der P7 bei 1962mg pro kg. Ob jedoch die Rezeptur von P7 Fleisch mit einem höheren Mb-Gehalt enthält oder überhaupt fleischreicher ist, kann nicht ausgesagt werden.

Zusammengefaßt sei bemerkt, daß optimale Technologie und Hilfsstoffe nur dazu beitragen können, die gewünschte Pökelfarbe zu erreichen. Voraussetzung aber ist das Vorhandensein einer ausreichenden Pigmentmenge. Theoretisch ließe sich der gleiche Effekt durch Zusatz von z.B. Blutfarbstoff erzielen. Dies ist aber in Deutschland (bis jetzt) nicht erlaubt, in anderen EU-Ländern jedoch zulässig [27] [28].

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