Didaktik der Chemie / Universität Bayreuth

Stand: 16.05.19


Multimedia

7 Lehrprogramme


Ziel der Lehreinheit ist es, Sie in die Lage zu versetzen, Lehrprogramme für Unterrichtszwecke zu bewerten bzw. Unterrichtsanwendungen vorzubereiten.

Operatoren der Aufgabenformulierungen sind mit brauner Schrift hervorgehoben.


7.1 Lernen mit Multimedia

7.1.1 Eine kognitive Theorie des Multimedia-Lernens

Mayer (z.B. [1]): Anwendung und Erweiterung der Theorie der dualen Kodierung [2] auf das computergestützte Lernen (vgl. Abb. 1).


Abb. 1: Theorie der dualen Kodierung beim Multimedia-Lernen (verändert nach [3])

Zwei kognitive Systeme in zeitlich aufeinander folgenden Abschnitten:

  1. Aufnahme oberflächlicher Merkmale von textlicher und bildlicher Information zunächst für 500ms bis 1s (max. 2s) in das sensorische Gedächtnis (vgl. z.B. [4]); Selektion für eine Repräsentation im Arbeitsgedächtnis:

    • oberflächliche Textwahrnehmung (Begriffe und/oder Aussagen);

    • oberflächliche Bildwahrnehmung (Bildelemente und deren räumliche Anordnungen zueinander)

  2. Verarbeitung zu internen mentale Repräsentationen (verbal bzw. visuell basiert); Verknüpfungen untereinander und mit Inhalten aus dem Langzeitgedächtnis: Integration zu einem gemeinsamen mentalen Modell (vgl. [1]).

7.1.2 Wesentliche Merkmale (vgl. [5], S. 184 f.)

  • Interaktivität: Ein Unterrichtsmittel ist interaktiv, wenn es dem Benutzer ermöglicht, auf den Ablauf einzuwirken und auf entsprechende Aktionen und Reaktionen angemessen zu reagieren.

  • Individualisierung (syn. Adaptivität): Individualisierung verlangt, dass sich das Unterrichtsmittel auf die individuellen Bedürfnisse des Anwenders abstimmen lässt, z.B. im Hinblick auf das Anspruchsniveau und den Umfang der Aufgaben.

  • Multimedialität: unterschiedliche Medien gekoppelt.


7.2 Softwaretypen

7.2.1 Einteilungsmöglichkeiten

Es gibt unterschiedlichste Vorschläge zur Einteilung von Software (vgl. [6], S. 377 ff.). Extrema:

  • Dichotome Differenzierung: Informationsdarbietung vs. Experimentalbereich
  • Achtstufige Gliederung (vgl. [7], S. 17 f.): „Lehrprogramme, Übungsprogramme, Offene Lehrsysteme, Datenbestände, Lernspiele, Werkzeuge, Experimentier- und Simulationsumgebungen, Kommunikations- und Kooperationsumgebungen“.
  • Unterscheidung: Lernprogramme vs. Lehrprogramme (nach [8])

 
Abb. 2: Lehr- und Lernprogramme, nach [8]


Abb. 3: Eine Übersicht nach [6]

7.2.2. Lernprogramme

Lernprogramme stehen je nach Typ an einer Stelle im Kontinuum zwischen dem „Primat der Instruktion“ [9, S. 606] und konstruktivistischen Vorstellungen vom Lehren und Lernen. Sie sind zum einen klar strukturiert, setzen einen Schritt-für-Schritt-Ansatz und sind multimedial, zum anderen bieten sie instruktionale Hilfen (inhaltlich u./o. lernstrategisch) und sind problemorientiert, um so eine Wissenskonstruktion zu ermöglichen bzw. zu fördern.

Empirische Ergebnisse aus fachdidaktischer Forschung sind widersprüchlich und nicht generalisierbar (vgl. [6]).


7.3 Einsatz im Unterricht

Bei der Planung von Unterricht mit Lehrprogrammen müssen grundlegende didaktische Entscheidungen getroffen werden:

  • Einsatz eines ganzen Programms oder nur eines Programmabschnitts
  • Welche Sozialform wird ausgewählt? Klassen-, Partner- oder Einzelarbeit.
  • In welchem Unterrichtsschritt (Artikulationsstufe) wird das Lehrprogramm eingesetzt? Einstieg, Erarbeitung, Sicherung, Übung oder Vertiefung.

Die Entscheidungen sind nicht unabhängig voneinander möglich! Ein grundsätzliches Problem beim Einsatz in Partner- oder Einzelarbeit ist die Überprüfung, ob alle Schüler nach Abschluss des Programms oder des Programmabschnitts einen gleichartigen Wissensstand erreicht haben. Entsprechend sind Überlegungen zur Art der Sicherung notwendig.


7.4 Übungen

Übung 1: Bienen live – Lernplattform HOBOS (HOney Bee Online Studies).

  1. Öffnen Sie die Startseite https://www.hobos.de/, öffnen Sie dort das Register Was ist HOBOS und dann unter Live Daten den Link Live-Ansichten.
  2. Wählen Sie zunächst am Standort Würzburg die Livekameras für den Live-Stream am Stockeingang. Über einen Klick auf Weitere Kameras von diesem Standort können Sie zur Wabengasse wechseln.
    Schlagen Sie zu diesen Streams zwei unterrichtliche Einsatzmöglichkeiten vor. Notieren Sie diese in einem Word-Dokument und speichern Sie auf Ihrem USB-Stick. Das Dokument benötigen Sie weiter unten noch.
  3. Öffnen Sie dann den darunterliegenden Link zum Messwertgenerator. Wählen Sie eine didaktisch sinnvolle Messwertanordnung aus (Sie können maximal sechs Messwerte gleichzeitig analysieren) und speichern Sie diese als screenshot in Ihrem Dokument ab.
  4. Wechseln Sie dann in das Register Ereignisse und schauen Sie sich beispielhafte Videos an. Wählen Sie eines aus und notieren Sie eine unterrichtliche Einsatzmöglichkeit.
  5. Wechseln Sie dann zurück in das Register Live-Ansicht und wählen Sie unter Würzburg Messwerte aus.
  6. Klicken Sie auf die Zeitauswahl unter last 7 days und stellen Sie zunächst unter custom range den 25.4.2019 (sehr warmer Tag) von 00:00:01 bis 25.4.2019 23:59:59 ein, dann Refreshing every auf off und schließlich wählen mit Apply. Speichern Sie die Werte als screenshot in Ihrem Dokument ab.
  7. Wiederholen Sie dies für den 22.1.2019 (kältester Tag 2019).
    • Diskutieren Sie mit Ihrem Sitznachbarn das unterrichtliche Potential solcher Graphen (z.B. in Biologie, Geographie oder Mathematik), speziell, wie Sie diese Graphen zur Förderung des Kompetenzbereichs Erkenntnisgewinnung nutzen können (vgl. [11, S. 14]). Notieren Sie dazu je einen Satz ins Word-Dokument.
  8. Wechseln Sie in das Register Mit Hobos lernen und geben Sie in die Suchmaske das Wort Geometrie ein. Öffnen Sie die fächerübergreifende Aufgabe zur Geometrie der Waben und starten Sie das Lernprogramm (überspringen Sie zunächst den Einstiegsfilm). Untersuchen Sie die Aufgaben. Machen Sie dabei absichtlich Fehler, um die Reaktion des Programms auf mögliche Schülerfehler zu testen. Vergleichen Sie die jeweiligen Aufgabentypen z.B. bezüglich Verständlichkeit, Schwierigkeit u.ä. Beenden Sie das Lernprogramm mit der Back-Taste des Browsers.
  9. Geben Sie nun das Suchwort Gewicht ein und wiederholen Sie die Analyse mit dem Lernprogramm Das Gewicht eines Bienenstocks. Vergleichen Sie abschließend die beiden Lernprogramme hinsichtlich ihrer Anforderungsniveaus. Entscheiden Sie, welches Programm Sie im Unterricht einsetzen würden und notieren Sie einen Grund.

Übung 2: Atmung.

  1. Öffnen Sie das Programm Atmung in der Kurs-Software. Sie ist auch online verfügbar:
    http://www3.hhu.de/biodidaktik/Atmung/index.html 
  2. Wählen Sie die Einheit Bau unseres Atemsystems und analysieren Sie die Startseite im Hinblick auf instruktionale Hilfen. Wählen Sie dann die kürzere Version des Programms aus.
  3. Gehen Sie von dort zu den interessanten Details der Luftröhre. Schauen Sie sich den Film an (unter Umständen müssen Sie den Film erst herunterladen und dann erst ist er zu öffnen) und klicken Sie dann mit der Back-Taste des Browsers zurück zur Kurzform.
  4. Wechseln Sie zur Mind-Map zurück und gehen Sie über Struktur und Funktion zum Prinzip der Oberflächenvergrößerung.
  5. Schauen Sie sich die drei Modellversuche zur Veranschaulichung an und vergleichen Sie deren Aussagen.
  6. Führen Sie abschließend das Quiz durch (Steuerleiste links).
  7. Schlagen Sie Veränderungen an diesem Lernprogramm vor, damit die (vermuteten) Lehrziele besser erreicht werden können. Notieren Sie diese in Ihrem Word-Dokument.

Übung 3: Virtueller Tauchgang in der Ostsee.

  1. Öffnen Sie im Browser die Startseite zu Ostsee Life:
    http://ostsee-life.nabu.de/de/

  2. Verschaffen Sie sich nach dem Intro mit gedrückter Maustaste einen 360°-Überblick zu den fünf angebotenen Themen.

  3. Wählen Sie das Thema Steilwand aus und verschaffen Sie sich mit gedrückter Maustaste erneut einen Überblick über die angebotenen acht Subthemen.

  4. Wählen Sie zwei Themen aus und formulieren Sie zu den Filmausschnitten mindestens zwei Beobachtungsfragen mit möglichen Lösungen in Ihrem Dokument. Diskutieren Sie mit Ihrem Nachbarn den Mehrwert solcher Filmaufnahmen.

  5. Wählen Sie durch einen Klick auf das Symbol Fischskelett die Einheit Unterwasserlärm aus. Schlagen Sie eine mögliche Kopplung mit der Lärmgraphik der Ostsee vor:
    https://www.nabu.de/natur-und-landschaft/meere/
    lebensraum-meer/gefahren/22921.html .

  6. Fassen Sie mögliche Nachteile des Programms zusammen.

Übung 4: Selbstlehrprogramme aus dem Eduvinet-Programm.

  1. Öffnen Sie im Browser die Übersichtsseite zu den Biologie-Programmen des Eduvinet: http://www.mallig.eduvinet.de.
  2. Suchen Sie unter Interaktive Selbstlernkurse "Rinder"  und dort das Programm Verdauungssystem. Öffnen Sie das Programm.
  3. Lesen Sie zunächst die Anleitung Wie arbeitet man mit einem Selbstlernkurs.
  4. Arbeiten Sie dann die Einheit durch und überprüfen Sie alle Links. Notieren Sie ggf. auffallende Probleme.
  5. Führen Sie abschließend den Lückentext, das Quiz und das Memory durch, machen Sie dabei auch absichtliche Fehler, um die Reaktion des Programms darauf zu testen. Notieren Sie eine abschließende Wertung in wenigen Sätzen.

Übung 5: Angebote von MINTdigital.

  1. Öffnen Sie im Browser die Übersichtsseite zu MINTdigital: https://www.mint-digital.de .

  2. Wählen Sie entweder ‚Selbst erstellte Lernvideos für den Chemieunterricht‘ oder ‚Einsatz von Simpleshows im Biologieunterricht‘ und öffnen Sie das jeweils angebotene Erklärvideo (Elektrolyse von Zinkiodid bzw. Biodiversität).

  3. Bewerten Sie die Erklärungen anhand des Bewertungsbogens.

Übung 6: Die Kunst des Klebens.

  1. Öffnen Sie im Browser die Übersichtsseite zum Chemie-Programm "Die Kunst des Klebens" https://fonds-interaktiv.de/index.php .
  2. Öffnen Sie über die Fläche Einführung zu den interaktiven Übungen die Datei "Einführung..." in einem weiteren Fenster.
  3. Gehen Sie in das (Navigations)Fenster vorher zurück und öffnen Sie die Einheit Klebstoffe im Alltag. Führen Sie dort die Interaktive Übung aus. Überprüfen Sie die Wirkung vorzeitigen Beendens. Schlagen Sie eine didaktische Nutzung der Übung vor.
  4. Gehen Sie über den Reiter Menü zum ABC des Klebens und testen sie die vier dortigen Übungen. Schlagen Sie für jede Übung eine didaktische Nutzung vor.

Übung 7: Übersichten Chemie- und Biologie-Lernprogramme.

  1. Öffnen Sie im Browser die Startseite zum Chemie-Programm "Kohlenstoffkreisläufer": https://www.chemie-lernprogramme.de/daten/html/kohlenstoffkreislaeufer.html.
  2. Starten Sie das Programm online (Klick auf Kohlenstoffkreisläufer-Online) und parallel das Aufgabenblatt (Übungsaufgaben pdf/odt). Lösen Sie einzelne Aufgaben und diskutieren Sie mit Ihrem Nachbarn den möglichen Mehrwert des Programms.
  3. Gehen Sie auf die Startseite Home und verschaffen Sie sich einen Überblick über das Angebot.
  4. Öffnen Sie im Browser die Startseite zum Biologie-Programm " Homologer": https://www.biologie-lernprogramme.de/daten/html/homologer.html.
  5. Starten Sie das Programm online (Klick auf Homologer) und parallel das Aufgabenblatt (Übungsaufgaben pdf/odt). Lösen Sie einzelne Aufgaben und diskutieren Sie mit Ihrem Nachbarn den möglichen Mehrwert des Programms.

Quellen:

  1. Mayer, R. E. (2001). Multimedia Learning. Cambridge: Cambridge University Press.

  2. Paivio, A. (1986). Mental representations: A dual-coding approach. New York: Oxford University Press.

  3. Nerdel, C. (2002): Die Wirkung von Animation und Simulation auf das Verständnis von stoffwechselphysiologischen Prozessen. Dissertation Christian-Albrechts-Universität, Kiel.

  4. Di Lollo, V. (1980). Temporal integration in visual memory. Journal of Experimental Psychology: General, 109, 75-97.

  5. Killermann, W., Hiering, P., & Starosta, B. (2005). Biologieunterricht heute. Eine moderne Fachdidaktik. Donauwörth: Ludwig Auer, 13. Auflage.

  6. Gropengießer, H., & Kattmann, U. (2008; Hrsg.). Fachdidaktik Biologie. Köln: Aulis, 8. Aufl. [7] Tulodziecki, G., & Herzig, B. (2002). Computer & Internet im Unterricht. Berlin: Cornelsen.

  7. Tulodziecki, G., & Herzig, B. (2002). Computer & Internet im Unterricht. Berlin: Cornelsen.

  8. Schanda, F. (1995). Computer-Lernprogramme, Weinheim: Beltz.

  9. Reinmann-Rothmeier, G., & Mandl, H. (2001). Unterrichten und Lernumgebungen gestalten. In: Krapp, A. & Weidenmann, B. (Hrsg.): Pädagogische Psychologie. Ein Lehrbuch (601-646). Weinheim: Beltz PVU, 4. Auflage.

  10. Stäudel, L. (2005). Aufgaben mit gestuften Lernhilfen. Unveröffentlichtes Manuskript, Universität Kassel. Online verfügbar:
    http://sinus-transfer.uni-bayreuth.de/fileadmin/MaterialienBT/Leipzig/
    gestufte_Lernhilfen.pdf  (20.5.2014).

  11. KMK (2005). Bildungsstandards im Fach Biologie für den Mittleren Bildungsabschluss. Online verfügbar:
    http://www.kmk.org/fileadmin/veroeffentlichungen_beschluesse/2004/
    2004_12_16-Bildungsstandards-Biologie.pdf  (16.5.2014).


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