Experimenteller Einstieg in den Chemieunterricht

Grobverlauf der Unterrichtseinheit

 

Zeitbedarf: 90 Minuten.
Methode: forschend-entwickelnd
Sozialform: Arbeitsteilige Gruppenarbeit, Gruppengröße 2-3 Schüler. Die Experimente sind als Stationen aufgebaut. Schüler behalten die Übersicht mit Hilfe eines Protokollblattes. Die Reihenfolge der Stationen ist beliebig.
Lehrziele: Diese Unterrichtseinheit dient dazu, Schüler in das neue Themengebiet "Chemische Reaktionen" zunächst phänomenologisch einzuführen. Zuerst sollen die Schüler eigenständig Versuche durchführen und anhand der gemachten Beobachtungen Vermutungen anstellen, ob eine Stoffartänderung aufgetreten ist oder nicht.
Didaktische Bemerkungen: Grundgedanke ist, dass Schüler Erfahrungen mit Stoffen, Änderungsmöglichkeiten und Kriterien, anhand derer man erfolgte Änderungen erkennen kann, benötigen. Diese Erfahrungen können sie anhand selbst durchgeführter Experimente machen.

Entscheidend für die Stoff- bzw. Experimentauswahl ist, dass an sich wohlbekannte Phänomene und Stoffe aus dem Alltag verwendet werden. Vorgänge und Zustände sollen deutlich sichtbar, Unterschiede zwischen "vorher" und "nachher" klar erkennbar sein. Eine Zuordnung zu "chemische Reaktion" oder "physikalischer Vorgang" soll leicht möglich sein.

Auf Energiebeteiligung wird hingewiesen (nur Phänomen, Fachterminologie wird später nachgetragen, basiert auf den Beobachtungen bei diesen Experimenten). Die Begriffe "physikalische Änderung" und "chemische Reaktion" werden angebahnt und bei der Auswertung eingeführt. Phänomene werden mit Hilfe von Wortgleichungen beschrieben. Im Hintergrund arbeitet man auch auf die Begriffe Element und Verbindung hin.

Schüler haben in den vorausgehenden Einheiten Stoffe als Gemische oder Reinstoffe kennen gelernt. Die Differenzierung in homogene und heterogene Gemische wird wiederholt.

Artikulations-
stufen:

  

1. Problem-
    gewinnung
Stoffe, am besten Reinstoffe, werden durch alltägliche Manipulationen verändert. Kurzes Sammeln von Vorerfahrungen. Mögliche Erfahrungen:
Beobachtung Anlass
Farbänderung Zitrone in Tee
Verklumpung Zitrone in Milch
stinkt Zucker auf Herdplatte, Haare verbrannt
"weg" Papier verbrannt
fest werden Götterspeise im Kühlschrank, Wasser im Gefrierfach

Sind das Kennzeichen, die darauf hinweisen, dass neue Stoffe entstanden sind oder sind es noch die selben Stoffe wie vorher?

Es geht also darum, ob die Eingriffe der Schüler einen Stoff

bulletnachhaltig ("für immer") oder
bulletnur vorübergehend ("so lange man gerade etwas tut") verändern.

 

2. Lösungs-
    planung
Läßt sich erkennen, ob eine Veränderung so nachhaltig ist, dass ein neuer Stoff mit neuen Eigenschaften entstanden ist oder ob es sich nach dem Eingriff noch um dieselben Stoffe handelt wie vor dem Eingriff?

Schüler entwickeln Vorschläge, wie die "Beobachtungsanlässe" (z.B. aus der Tabelle oben) gezielt wiederholt werden können. Das ist das Wesen eines naturwissenschaftlichen Experimentes.

Sicher werden Experimente vorgeschlagen, die schon vorgesehen sind. Die Beobachtungsziele von anderen vorgesehenen werden kurz vorgestellt (Liste siehe unten).

3. Durchführung

An jeder Station liegt eine Versuchsanleitung aus (Links führen aus der Tabelle unten zu fertigen Anleitungen). Jeder Schüler erhält einen Protokollblatt, auf dem die Ergebnisse festgehalten werden.

Die Schüler sollen den Verlauf der Experimente genau beobachten und eine Deutung überlegen. Beides wird mit eigenen Worten notiert. Je nach Lehrziel des Lehrers können Wortgleichungen formuliert werden - empfehlenswert ist es allemal. Direkt beobachtbare und ohne Vorwissen erklärbare Vorgänge stehen im Vordergrund. Jeder Versuch lässt sich in ca. 5 Minuten durchführen. Die Schüler erkennen bei der Durchführung zusätzlich, dass es sehr viel "versteckte" Chemie in unserem Alltagsleben gibt.

4. Auswertung

Zunächst einigt sich jede Arbeitsgruppe intern auf die Klassifizierung "Stoffartänderung ja oder nein". Dann werden im Plenum sowohl Beobachtungen als auch Klassifizierung von je einem Schüler an einer Sammelfolie vorgestellt, begründet und gegebenenfalls argumentativ diskutiert, vor allem, wenn andere Gruppen zu abweichenden Ergebnissen gekommen sind. Beobachtungs- oder Formulierungsfehler werden korrigiert. Zum Schluss müssen eindeutige Merkmale sowie Anzeichen einer Stoffartänderung herausgearbeitet werden: Temperaturänderung (ohne Zufuhr von außen), Farbänderung, Niederschlag, Geruch, ...

Ergebnis
(
Protokollblatt):
Versuch

Beobachtung:
Links in dieser Spalte führen zu den Anleitungen für Schüler

Deutung:
Stoffart-
änderung
ja nein
Zucker Zucker: verändert Farbe, Geruch, Geschmack
 
+  
Salz Salz: verändert sich nicht.
 
  +
Farbige
Stoffe
Farbige Stoffe: lassen sich wieder trennen / nicht.
 
+ +
Tee Tee mit Zitrone, dann Milch
 
+  
Back-
pulver
Backpulver und Wasser: Backpulver verschwindet. +  
Essig Essig: Kalk verschwindet
 
+  
Eisen Eisen: verändert die Farbe.
 
+  
Salz-
wasser
Salzwasser: Salz bleibt unverändert.   +
5. Wissens-
    sicherung:
Demonstration weiterer Experimente durch den Lehrer, Schüler sollen deuten. Beispiele:
Experiment Deutung
Ammoniumthiocyanat mit Bariumhydroxid neue Stoffe
Verbrennen von Papier neue Stoffe
Verbrennen von Stahlwolle neue Stoffe
Glühen eines Platindrahtes kein neuer Stoff
Schmelzen von Eis kein neuer Stoff

Für zwei Beobachtungen mit Deutung ist auf dem Protokollblatt noch Platz.

Quelle: Seminar zur Didaktik der Chemie, Universität Bayreuth, WS 2002/03.

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Didaktik der Chemie
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