3.3 Didaktische
Transformation
Hinweise zu Lösungen für die Selbstkontrollen
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II: Nehmen Sie eine didaktische Reduktion zum Thema
Ester bis zum Elementaren vor und rekonstruieren Sie bis auf das
Niveau einer Jgst. 10 Gymnasium oder Realschule.
Das Elementare: Wortgleichung Alkohol und
Säure reagieren zu Ester und Wasser.
Jgst. 10 RS: Formelgleichung, experimentelle Herstellung einfacher
Ester als Kondensationsreaktion (Essigsäureethyl-,
Buttersäureethyl-...), Esterspaltung (Hydrolyse), Verwendung.
Jgst. 10 Gym:
Formelgleichung, experimentelle Herstellung einfacher Ester als
Kondensationsreaktion (Essigsäureethyl-,
Buttersäureethyl-...), Esterspaltung (Hydrolyse), reversible
Reaktion, Ester-GG, Verwendung, auch Fette und Seifen.
Mehrwert durch Lehrer: siehe Profilbereich, Duftester und
Aromakompositionen, Bezug zur Lebenswelt von Lernenden.
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II: Listen Sie all jene Inhalte auf, die bei einer
didaktischen Reduktion Ihres Wissensstandes zum Thema
Säure/Base-Konzepte für eine Jgst. 9 auf der Strecke bleiben
müssten.
Arrhenius-Konzept: bleibt, ist Inhalt.
Neutralisation: Vereinigung von H+-Ionen und OH--Ionen
zu Wassermolekülen.
Arrhenius-Säure/Base-Reaktionen als Gleichgewichtsreaktionen.
Brönsted-Lowry-Konzept: Wasser unterliegt einer geringen
Eigendissoziation in H+(aq) und OH-(aq). Vor
allem das sehr kleine Proton mit seiner hohen Ladungsdichte ist
dabei fest an ein Wasser-Molekül gebunden, sodass zunächst ein H3O+-Ion
entsteht. Lewis: kann auch auf Reaktionen angewandt werden, in denen
überhaupt kein Protonenübergang stattfindet. Säure:
Elektronenpaar-Akzeptor. Base: Elektronenpaar-Donator. Die Reaktion
von Lewis-Säure und Lewis-Base kann mit Hilfe der
Molekülorbitaltheorie diskutiert werden. Geht man davon aus, dass
das Energieniveau des untersten besetzten MO (LUMO = lowest
unoccupied molecular orbital) der Lewis-Säure in etwa dem des
obersten besetzten MO (HOMO = highest unoccupied molecular orbital)
der Lewis-Base entspricht. Durch eine Kombination der beiden MO
kommt es zu einem Energiegewinn durch die Bindungsknüpfung.
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III: Diskutieren Sie Vor- und Nachteile einer
Generalisierung wie "Elemente einer Gruppe haben sehr ähnliche
Eigenschaften, die sie von den Elementen der Nachbargruppe klar
unterscheiden."
Vorteile: Trends können abgeleitet werden,
wodurch Herleitungen durch die Lernenden ermöglicht werden. Die
Einteilung in Gruppen und Perioden im Periodensystem der Elemente
erscheint den Lernenden einleuchtender.
Nachteile: Es gibt Schrägbeziehungen im Periodensystem (Li/Mg,
Be/Al, B/Si). Dabei sind sich die genannten Elemente in ihren
Eigenschaften ähnlicher als zu den Elementen in ihrer Gruppe.
Die Behauptung wäre also nicht uneingeschränkt richtig.
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III: Arbeiten Sie mögliche Konflikte zwischen dem
Wahrheitsanspruch eines Chemie-Professors und der Tätigkeit eines
Chemie-Lehrers in Jgst. 9 einer weiterführenden Schule heraus.
z.B.: Konflikte können aufgrund
unterschiedlicher Schwerpunktsetzungen entstehen. Der Lehrende muss
eine didaktische Reduktion eines Themas vornehmen. Dabei werden
Inhalte auf die wesentlichen Inhalte/Kernaussagen reduziert und dann
nachfolgend im Zuge einer didaktischen Rekonstruktion aufgebaut.
Dies hat den Zweck komplexe Themen dem Lernenden auf seinem
entsprechenden Entwicklungsniveau (vor allem kognitiv) anzubieten.
Dahingegen würde wohl ein Chemie-Professor das entstandene Produkt
als eher lückenhaft bezeichnen, da für ihn zur vollständigen
Durchdringung der Thematik die reduzierten Aspekte fehlen würden. In
der Art und Weise wie ein Chemieprofessor die Thematik als
vollständig dargestellt betrachten würde, würde es die kognitiven
Fähigkeiten der Schüler überfordern.
z.B.: Veranschaulichende Maßnahmen oder Herstellung von Alltagsbezug
würde wohl der ein oder andere Chemieprofessor mit wenig
didaktischem Verständnis als überflüssig bezeichnen. Der Lehrende
sieht dies jedoch als sehr zentral an, da er dadurch den Lehrstoff
für die Lernenden zugänglicher macht und langfristiges Behalten
dadurch fördert. Anwendung finden solche Maßnahmen in der
didaktischen Rekonstruktion.
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I: "Das Bohr'sche Atommodell ist falsch." Geben Sie
an, welche Maßnahme zur didaktischen Reduktion der Autor dieser
Aussage offenbar nicht kennt.
Bei dem Bohr’schen Atommodell handelt es sich
um ein historisches Atom-Modell. Als aktueller gilt das
quantenmechanische Modell, das über Stufen aus ersterem entwickelt
wurde. Der Autor kennt das Lehrziel nicht, dass die Genese von
Modellen mit ihren Grenzen thematisiert werden kann / soll.
Im Schulalltag kann es jedoch als Rückgriff auf historische
Erkenntnisstufen als Maßnahme der didaktischen Transformation
Anwendung finden. Im Rahmen eines parallelgenetischen Lehrgangs kann
eine historische Entwicklung ausgehend vom Dalton-Modell, über das
Rutherford-Modell und das Bohr’sche Modell bis hin zu einem
quantenmechanischen Modell erfolgen. Dabei wird sich zu Nutze
gemacht, dass Lernende oft ähnliche Verständnisschwierigkeiten wie
die Chemiker der damaligen Zeit aufweisen. Diese Vorgehensweise ist
dahingehend begründbar, da die Lernenden weder die mathematischen
Vorkenntnisse haben, um die Wellenfunktion in der
3D-Schrödinger-Gleichung erkennen zu können, noch den
psychomotorischen Entwicklungsstand, um diese Vorkenntnisse zu
erreichen. Deswegen bleibt man auf einer historischen Stufe stehen.
E-Mail an: Walter.Wagner ät uni-bayreuth.de
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