Hintergrund zu:

Stimmveränderung

Durch ein kompliziertes Zusammenspiel verschiedener Organe kann der Mensch sprechen. Die Lunge, der Kehlkopf mit den Stimmlippen und das Ansatzrohr formen durch ihr Zusammenspiel die menschliche Stimme. Der durch das Schwingen der Stimmbänder entstehende Ton setzt sich aus dem Grundton und den Obertönen zusammen. In dem Frequenzspektrum (Abb. 1) werden Tonhöhe und Stärke des Grundtons und der Obertöne aufgetragen:


Abb. 1: Frequenzspektrum der Stimmbandschwingungen

Die Tonhöhe hängt von der Länge der Stimmlippen, der Weite der Glottis (Stimmritze) und der Masse der Stimmlippen ab. Aus diesem Grund kann man Männerstimmen und Frauenstimmen recht gut unterscheiden. Bei Männern sind die Stimmlippen durch die Form des Schildknorpels („Adamsapfel“) länger als bei Frauen, wodurch Männerstimmen eine niedrige Grundfrequenz besitzen. In der Musik verwendet man den Begriff des „Ansatzrohrs“  für Blasinstrumente. Aufgrund der Ähnlichkeit zum menschlichen Vokaltrakt hat man den Begriff des Ansatzrohrs (Definition siehe unten) aus der Musik entlehnt. Durch Änderung der Form und Größe des Ansatzrohrs und durch Verschluss- oder Engbildung einzelner „Teile“ im Ansatzrohr können Menschen Laute formen.

Das Ansatzrohr (Rachenraum und Mundraum) fungiert als akustischer Filter. Er lässt verschiedene Frequenzen unterschiedlich gut passieren. Der akustische Filter besitzt also verschiedene Eigenfrequenzen, die auch Eigenresonanzen genannt werden. Eigenresonanzen sind Frequenzbereiche, die den eingestrahlten Klang verstärken. Andere Frequenzen werden weniger verstärkt oder gar unterdrückt. Möchte man nun einen Vergleich zum Ansatzrohr ziehen, so kommt das einseitig geschlossene Rohr in Betracht, wie zum Beispiel eine Orgelpfeife. In einem Rohr bilden sich durch mehrmalige Reflexion stehende Wellen aus. Diese sind die Ursachen für die Eigenresonanzen der Luftsäule im Rohr (siehe Abb. 2).

Die niedrigste Eigenresonanz, der Grundton, wird durch die Wellenlänge bestimmt, von der ein Viertel in die Rohrlänge passt. Zu höheren Resonanzen, den Obertönen, werden Wellenlängen benötigt, von denen jeweils ein ungeradzahliges Viertel in die Rohrlänge passt. Da die Wellenlängen der Eigenresonanzen von der Rohrlänge l abhängig sind, kann man sie durch die Beziehung der Frequenz F, der Wellenlänge Lambda und der Schallgeschwindigkeit c beschreiben. Die allgemeine Gleichung für die Entstehung der Eigenresonanzen Fn lautet wie folgt, wobei F1 die Frequenz des Grundtons darstellt :

 


Abb. 2: Analogie des Ansatzrohrs mit einem einseitig geschlossenen Rohr. Modell zur Erzeugung der Formanten.
F1 = Frequenz des Grundtons, F2 = Frequenz des 1. Obertons
F3 = Frequenz des 2. Obertons, F4 = Frequenz des 3. Obertons

Der Schall breitet sich in unterschiedlichen Medien und verschiedenen Temperaturen verschieden schnell aus. Je dichter das Material und je höher die Temperatur, desto größer ist die Schallgeschwindigkeit. In Helium beträgt die Schallgeschwindigkeit 1007m/s, im Gegensatz zu 344m/s in Atemluft (bei 20°C). Da der Schall in Helium schneller ist, verkürzt sich die effektive Länge des Ansatzrohrs. Aus diesem Grund wird die Wellenlänge kleiner und die Frequenzen der Formanten größer. In Tabelle 1 sind Frequenzen der ersten beiden Formanten der Kardinalvokale verglichen. Einmal unter „normalen“ Bedingungen und unter Heliumeinfluss.


Tab.1: Formantenänderung unter Einfluss verschiedener Gase

Die Frequenzen der Formanten unter Heliumeinfluss sollten um den Faktor drei gegenüber denen unter Lufteinfluss verschoben sein, weil die Schallgeschwindigkeit in Luft 1/3 von der in Helium beträgt. Dieser Faktor kann aber niemals erreicht werden, denn der Schall breitet sich in der Lunge nicht in Helium, sondern in einem Gemisch aus Helium und Luft aus. In der Lunge und dem Ansatzrohr ist noch Restgas in Form von Luft vorhanden, außerdem desorbiert Kohlendioxyd (CO2) aus der Lunge. Man sieht, dass nur ein Teil der Luft in der Lunge durch einmaliges Ein- und Ausatmen durch Helium ersetzt werden kann. Man sieht aber deutlich, dass, je höher die Schallgeschwindigkeit eines Gases ist, die Vokalformanten sich nach höheren Frequenzen hin verschieben.

In im Vergleich zu Luft schwereren Gasen (z.B. Schwefelhexafluorid) ist die Schallgeschwindigkeit geringer, wodurch sich die effektive Länge des Ansatzrohres vergrößert. Die Wellenlänge wird somit größer und die Vokalformanten werden nach niedrigeren Frequenzen hin verschoben.

Literatur:

  1. http://miless.uni-duisburg-essen.de/servlets/DerivateServlet/Derivate-137/moser.pdf, Stand 10.06.06

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Didaktik der Chemie
Universität Bayreuth

© Walter.Wagner ät uni-bayreuth.de, Stand: 20.09.10