Chemie

Chemie / Universität Bayreuth

Triebkraft bei Protolysen

Stand: 09.06.06

Frage:

Warum laufen Protolysen überhaupt ab, wenn die Atome in den beteiligten Molekülen wie Wasser und Chlorwasserstoff schon der Oktettregel genügen?
 

a. Im Fall von HCl + H2O(l):

Antwort von AkadOR W. Wagner, Didaktik der Chemie:
Die Oktett-Regel ist nur eine Regel. Regeln beschreiben sehr grob die bevorzugte Reaktionstendenz von Teilchen. Mit ihr allein lässt sich das Verhalten der Teilchen in diesem Fall (und vielen anderen auch) nicht vollständig erklären.

Will man die Erscheinung näher beschreiben, braucht man den Begriff der Elektonegativität (EN). Sie beschreibt das Verhalten eines Zentralteilchens zu seinen Liganden. EN(O)= 3,5, EN(Cl) nur 3,0. Daraus sollte eine festere Bindung von H an O resultieren, was das stabilere Produkt ergibt. Dass dies auch noch für H3O+ gilt, dafür spricht das Delokalisierungsargument: die positive Ladung wird in diesem speziellen Fall (H+ in Wasser) über sehr viele Wassermoleküle verteilt, was sich fördernd auf den Zustand auswirkt.

b. Im Fall von HCl(g) + NH3(g)

Antwort von Prof. J. Senker, Anorganische Chemie:
Die Bindungsenergien einer H-Cl- und einer H-N-Bindung sind ungefähr gleich und sogar etwas zu Ungunsten der HN-Bindung ausgelegt. Dass der Protonenübertrag trotzdem stattfindet liegt am ionischen Verband, der durch die Reaktion entsteht. Es entstehen Cl- und NH4+ -Ionen, zwischen denen eine attraktive Coulombwechselwirkung besteht. Die Ionen formen dann sehr schnell einen Festkörper, was man zum Beispiel an der Rauchbildung sehen kann, wenn man trockenen Ammoniak mit trockenem Chlorwasserstoff umsetzt. Der Rauch ist ein Aerosol, in dem NH4Cl -Kriställchen in der Größenordnung von ein paar hundert Nanometern entstehen, also so groß, dass  sie schon Licht brechen, aber noch zu klein, um schwer genug zu sein sofort zu Boden zu sinken.

Zu vergleichen ist dies mit einem Niederschlag in einem chemischen Gleichgewicht: der Bodenkörper als stabiles Produkt entzieht dem Gleichgewicht das Produkt, weshalb es immer weiter nachgebildet wird, bis alle Edukte aufgebraucht sind.

 

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E-Mail: Walter.Wagner ät uni-bayreuth.de