Antwort von W. Wagner,
Didaktik der Chemie:Den edlen Charakter von
Gold einfach zu erklären scheint unmöglich. Die mir bekannten
Lehrbücher ziehen sich auf das Beschreiben zurück, was sehr weit vom
Erklären entfernt ist: Redoxpotential, Atomradius, Schalenbesetzung,
Ionisierungsenergien... Aus Messwerten werden Erklärungen so
gebastelt, dass diese stimmig erscheinen. Ein konsistentes Bild
in das alle Werte passen, erscheint nicht. Die schwierigste Erklärung
scheint am nächsten an der Wahrheit zu sein. Sie stammt aus dem
Teilgebiet der Theoretischen Chemie bzw. der Teilchenphysik. Schwierig
ist sie auch aus folgendem Grund:
- Bei den schulrelevanten Elementen der Perioden
1-3(4) genügt es in erster Näherung, die Valenzelektronen zu zählen,
um Eigenschaften abschätzend zu erklären. Monokausale Erklärungen
erscheinen grundsätzlich einfach. Aber schon die d-Elektronen bei
Elementen der 3. Periode und die zugehörige (Komplex)Chemie zeigen,
dass das nur eine erste Näherung sein kann, dass man die
Energieniveaus und die Besetzungszustände zusätzlich mit einbeziehen
muß.
- Ab den Lanthanoiden kommt dann als erstes die
"Lanthanidenkontraktion" (Einfluß der f-Orbitale) als stark
eigenschaftenbestimmend dazu.
- Bei schweren Elementen (spätestens ab der 6.
Periode) sind zusätzlich relativistische Effekte* bedeutsam. Dadurch
wird die Abschätzung der Eigenschaften nun multi- bzw. trikausal,
was meines Erachtens die Möglichkeiten (und Notwendigkeiten) des
Gymnasiums übersteigt.
Alle drei Effekte wirken so zusammen, dass
letztendlich bei Au (und Pt, Hg) ein Maximum bei jenen Eigenschaften
zu verzeichnen ist, die den edlen Charakter ausmachen: hohe 1.
Ionisierungsenergie, geringe Polarisierbarkeit, harte(s)
s-Elektron(en)...
* Relativistische
Effekte: das 6s1-Elektron des Goldes z.B. bewegt sich mit
79/137 der Lichtgeschwindigkeit. Dadurch wird seine Masse um etwa
den Faktor 60 höher als die des 1s1-Elektrons im
Wasserstoffatom. Das hat zur Folge, dass es vom Kern stärker
angezogen wird und näher hin rücken muß. Dies wiederum bewirkt eine
starke Erhöhung der betreffenden Ionisierungsenergie bzw. die
"harte" Eigenschaft...