Chemie

Chemie / Universität Bayreuth

Edler Charakter von Gold

Stand: 03.02.05

Frage:

Wie erklärt man mit möglichst einfachen Mitteln den edlen Charakter von Gold?

 

Antwort von W. Wagner, Didaktik der Chemie:

Den edlen Charakter von Gold einfach zu erklären scheint unmöglich. Die mir bekannten Lehrbücher ziehen sich auf das Beschreiben zurück, was sehr weit vom Erklären entfernt ist: Redoxpotential, Atomradius, Schalenbesetzung, Ionisierungsenergien... Aus Messwerten werden Erklärungen so gebastelt, dass diese stimmig erscheinen. Ein konsistentes Bild in das alle Werte passen, erscheint nicht. Die schwierigste Erklärung scheint am nächsten an der Wahrheit zu sein. Sie stammt aus dem Teilgebiet der Theoretischen Chemie bzw. der Teilchenphysik. Schwierig ist sie auch aus folgendem Grund:

  1. Bei den schulrelevanten Elementen der Perioden 1-3(4) genügt es in erster Näherung, die Valenzelektronen zu zählen, um Eigenschaften abschätzend zu erklären. Monokausale Erklärungen erscheinen grundsätzlich einfach. Aber schon die d-Elektronen bei Elementen der 3. Periode und die zugehörige (Komplex)Chemie zeigen, dass das nur eine erste Näherung sein kann, dass man die Energieniveaus und die Besetzungszustände zusätzlich mit einbeziehen muß.
  2. Ab den Lanthanoiden kommt dann als erstes die "Lanthanidenkontraktion" (Einfluß der f-Orbitale) als stark eigenschaftenbestimmend dazu.
  3. Bei schweren Elementen (spätestens ab der 6. Periode) sind zusätzlich relativistische Effekte* bedeutsam. Dadurch wird die Abschätzung der Eigenschaften nun multi- bzw. trikausal, was meines Erachtens die Möglichkeiten (und Notwendigkeiten) des Gymnasiums übersteigt.

Alle drei Effekte wirken so zusammen, dass letztendlich bei Au (und Pt, Hg) ein Maximum bei jenen Eigenschaften zu verzeichnen ist, die den edlen Charakter ausmachen: hohe 1. Ionisierungsenergie, geringe Polarisierbarkeit, harte(s) s-Elektron(en)...

* Relativistische Effekte: das 6s1-Elektron des Goldes z.B. bewegt sich mit 79/137 der Lichtgeschwindigkeit. Dadurch wird seine Masse um etwa den Faktor 60 höher als die des 1s1-Elektrons im Wasserstoffatom. Das hat zur Folge, dass es vom Kern stärker angezogen wird und näher hin rücken muß. Dies wiederum bewirkt eine starke Erhöhung der betreffenden Ionisierungsenergie bzw. die "harte" Eigenschaft...

 

Literatur:

B. A. Hess: Perspective on ``Zur Quantentheorie der Spektrallinien'' by Arnold Sommerfeld, Theor. Chem. Acc 103 (2000) 168-170.

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