Antwort von Prof. Peter Morys,
Anorganische Chemie:Im Endeffekt gehen alle "Vorstellungen"
(Bilder, die man sich macht) von den Befunden Daltons aus, dass man bei der Analyse von
Verbindungen stets und reproduzierbar ganzzahliche Massenverhältnisse
der Elemente erhält. Dies führte zur Diskontinuumssicht der Materie.
In Kontinuumssicht dürften sich ganzzahlige Verhältnisse nur zufällig
ergeben und bei derselben Verbindung nicht reproduzierbar sein.
Beispiel von Andreas Bock, nach "Sofies Welt" von Jostein Gaarder:
Baut man aus demselben Satz von LEGO-Steinen mehrere Figuren, dann
lassen sich die einzelnen Steine immer aus den Figuren als solche
wieder gewinnen (Diskontinuum). Würde man die Figuren aus Lehm bauen
(Kontinuum), könnte man praktisch nie genau einen jener Klumpen wieder
gewinnen, den man beim Bau eingesetzt hat.
Beispiel von Walter
Wagner, Didaktik der Chemie:
Diskontinuumssicht: wenn ein
Zuckerkristall (Kandis) aus einer Zuckerlösung wächst, entsteht ein
geometrisches Gebilde, reproduzierbar stets in derselben Geometrie.
Kontinuumssicht: Kontinuum-Zucker würde höchstens zufällig und
wahrscheinlich nur einmal in unserer bekannten Kandis-Geometrie
wachsen. Im Normalfall dürfte die Kristallisation formlose Körper, und
dazu noch stets einen anderen, ergeben.
Ergänzung von Prof.
Adalbert Kerber, Mathematik:
Die Mathematik kann beide Wege
beschreiben:
- einen, bei dem unendlich viele Operationen eine unendlich große
Zahl liefern und
- einen, bei dem unendlich viele Operationen eine bestimmte,
endliche Zahl liefern (Grenzwert).
Beim Problem müsste es sich um den 2. Fall handeln.
Ergänzung von Prof. Manfred Stöckler, Philosophie:
Entscheidend für das Überleben einer Vorstellung der Atomisten (um
400-200 v.u.Z.) war, ob sich eine Erklärung, eine Analogie aus dem
Alltag, für das Erklären weiterer Phänomene eignete oder nicht. Tat
sie dass, war sie gefestigter, tat sie es nicht, war es eher
wahrscheinlich, dass sie wieder verworfen wurde.
Im Fall der Materie war es die Absicht der Atomisten, zu erklären,
wie es zur Vielfalt der Erscheinungsformen von Materie kommen
konnte. In Analogie zur Schrift vermutete man einen Satz von
"Elementen", die, jeweils unterschiedlich zusammengesetzt, die große
beobachtete Vielfalt ergeben konnten. Beweisen konnte man allerdings
bis in die Zeit Gassendis (Beginn des 17. Jh.) nichts. Erst seine
materialistische Vorstellung und Beweisführungen mit Hilfe von
wissenschaftlichen Experimenten führten zu verifizierten Hypothesen.